Mit Beginn der Corona-Krise stand die bayerische Hochschullandschaft vor einem noch nie da gewesenen Problem: Plötzlich mussten 400.000 Studierende digital unterrichtet werden. Das stellte für alle Parteien eine enorme Herausforderung dar und wurde mit sehr unterschiedlichem Erfolg umgesetzt. Seit zwei Jahren wird sich in der Folge wieder nach der Lehre vor Corona zurückgesehnt. Wir als Bayerischer Landesstudierendenrat (BayStuRa) stellen die Frage: Ist das überhaupt wünschenswert? Gerade jetzt ist ein guter Zeitpunkt, um innezuhalten und zu überlegen, wie die Lehre in zehn oder zwanzig Jahren aussehen könnte. In acht Visionen stellt der BayStuRa auf den folgenden Seiten vor, wie die Lehre der Zukunft gestaltet werden kann.
1. Vision: Interaktive und kompetenzorientierte Lehre
Monologartige Vorlesungen sollen der Vergangenheit angehören. Stattdessen soll in Zukunft bei Präsenzveranstaltungen verstärkt auf interaktive Lehrformate, wie z.B. projektbasierte Vorlesungen, problemorientierte Seminare uvm. gesetzt werden. Durch Interaktivität ergibt sich die Möglichkeit, didaktisch mehr auf die Studierenden einzugehen und gezielt auf die individuellen Lernfortschritte zu achten. Auch Lehrmodelle wie Blended Learning oder Flipped Classroom können zu einer Vertiefung des Lehrinhaltes beitragen.
Große Grundlagenvorlesungen wird es weiterhin geben. Gerade bei diesen bietet sich eine asynchrone Nachbereitung der vermittelten Inhalte an. Diese Vorlesungen sollten daher mit asynchron digitalen oder hybriden synchronen interaktiven Elementen und Didaktiken bereichert werden. Solche können z. B. Umfragen, Quizze oder anonymen Wissensabfragen beinhalten. Somit bekommen auch die Lehrenden sofort Feedback, welche Inhalte gut und welche weniger verstanden wurden. Als Werkzeuge sollen hierfür die Möglichkeiten der Digitalisierung eingesetzt werden, um ein kollaboratives Arbeiten und Lernen einfach zu ermöglichen.
Außerdem ist es schon heute wichtig, den Studierenden, statt reiner Wissensvermittlung auch Kompetenzen im Bereich der Wissensaneignung und kritischen Quellenbewertung beizubringen. Dies wird vor dem Hintergrund einer immer digitaleren Welt mit ihrer Fülle an Information und Fehlinformation in Zukunft nur noch wichtiger. Daher sollen bei der Entwicklung neuer Lehrkonzepte und ‑formate immer auch die Kompetenzentwicklung mit fokussiert werden.
Die Lehre der Zukunft ist interaktiv gestaltet und vermittelt neben Faktenwissen auch Methodenkompetenzen und Soft Skills.
2. Vision: Chancengleichheit für Studierende
Die Forderungen nach asynchroner Bereitstellung von Vorlesungsinhalten sind nicht erst seit der Pandemie ein Thema, aber sie wurden dadurch definitiv verstärkt. Dabei stellt das ort- und zeitunabhängige Studieren entgegen vielen Befürchtungen keinen Widerspruch zu Präsenzveranstaltungen dar. Vielmehr kann es Studierenden Sicherheit geben und fördert eher den Fokus in den Präsenzveranstaltungen. Hierbei sollen asynchron bereitgestellte Lehrinhalte als Zusatzangebot dienen und Präsenzveranstaltungen nur in Ausnahmefällen ersetzen.
Zudem gibt es unterschiedliche Gründe, warum Studierende nicht zu einer Vorlesung erscheinen können, so z. B. Studierende mit Kind, parallele Arbeit, Arzttermine, Krankheit. Hochschulen haben hier die Chance, sich an die gesellschaftliche Realität der letzten Jahrzehnte und die erweiterte Zielgruppe anzupassen und attraktive Angebote für alle zu liefern. Durch eine asynchrone Bereitstellung von Lehrinhalten kann unkompliziert sichergestellt werden, dass für Studierende keine Nachteile entstehen. Diese aufgezeichneten Inhalte können auch im Nachgang je nach Wichtigkeit der Aktualität in dem jeweiligen Fach für ein Folgesemester wiederverwendet werden. Bei Grundlagenvorlesungen, deren Inhalt sich selten verändert, ist die Bereitstellung von Aufzeichnungen in größeren Abständen möglich.
Diese sollten aber mit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen regelmäßig ergänzt werden. Bei der Bereitstellung live aufgezeichneter Veranstaltungen ist selbstverständlich auf den Datenschutz der anwesenden Studierenden zu achten. Auch die qualitativ sehr wünschenswerte Einbindung von internationalen Expert*innen wird durch ein digitales Angebot wesentlich vereinfacht.
Durch gut aufbereitete digitale Lehrinhalte können weitere Vorteile wie übergreifende Bildungsplattformen, neue Lehrformen und ein individuelles Lerntempo der Studierenden entstehen und gefördert werden. Ein gut gewarteter und ansprechend aufbereiteter digitaler Lehrpool, der bayernweit, perspektivisch, aber auch europaweit zur Verfügung steht, schafft Ressourcen bei den Dozierenden und ermöglicht eine vernünftige Einbindung der digitalen Inhalte in das Lehrangebot. Bei diesem können beispielsweise oft gelesene Inhalte in kleinen Häppchen von 10–15 Minuten-Videos zur Verfügung gestellt werden. Zudem erhöht ein digital zugreifbares und vielfältiges Angebot von hochqualitativen Spezialseminaren und Vorlesungen zwischen den Hochschulen die Lehrqualität und Freiheit im Studium.
Bei Lehrveranstaltungen, welche in kleineren Gruppen parallel durchgeführt werden, wie z. B. Tutorien, sollte es jeweils ein Teilangebot in digitaler Form geben, sofern das digitale Angebot didaktisch gleichwertig zur Präsenzform sein kann. Dafür und für digitale Lerngruppentreffen sollen alle Studierende kostenlos und dauerhaft Zugang zu einer datenschutzkonformen Videokonferenzplattform haben.
Partiell digitale synchrone und asynchrone Lehre sichert die Chancengleichheit unter Studierenden. Außerdem fördert eine hochschulübergreifende Vernetzung die Lehrqualität und schafft bei den Dozierenden Ressourcen, um sich auf eine ansprechende Wissensvermittlung zu konzentrieren.
3. Vision: Learning Analytics als Ergänzung zur Erfassung des individuellen Lernfortschritts
Diese orts- und zeitunabhängige Bereitstellung von Inhalten ermöglicht es Studierenden auch, in ihrem eigenen Tempo zu lernen. Dabei könnten sie neben den ausgegebenen Lernzielen auch von Learning Analytics unterstützt werden. Dies soll als freiwillige, sinnvolle Ergänzung zum guten Unterricht dienen und keinesfalls diesen ersetzen. Ebenfalls soll die Freiheit im Studium durch neue Lernmethoden und Werkzeuge nicht beschnitten, sondern bereichert werden. Unnötiger und zusätzlicher Druck durch KI gestützte Überwachung des Lernfortschritts muss vermieden werden. In diesen Fällen wären digitale Selbstkontrolltests zu den einzelnen Lernmodulen eine sinnvolle Alternative. Weitere wichtige Aspekte beim Einsatz neuer Methoden sind Datenschutz und der Erhalt von Eigenverantwortlichkeit und Selbstbestimmung der Studierenden. Bei Anwendung von Learning Analytics muss den Studierenden transparent mitgeteilt werden, welche ihrer Daten wie personalisiert und/oder unpersonalisiert von wem verarbeitet werden und wer Zugriff auf diese Daten hat. KI-Einsatz in der Hochschullehre kann aber den zwischenmenschlichen Umgang und die Lernerfahrung während der Interaktion zwischen Dozierenden und Studierenden nicht ersetzen. Neben der Wissensvermittlung ist das Studium weiterhin ein wichtiger Lebensabschnitt zur Persönlichkeitsentwicklung.
Hierbei ist wichtig, dass Learning Analytics als zusätzliche Evaluation für die einzelnen Studierenden und die Lehrenden dient, keine Voraussetzung für Prüfung sein und nicht negativ in die Prüfungsbewertung einfließen darf. Learning Analytics Anwendungen sollen nicht den eigenen Studienfortschritt behindern, sondern vielmehr den Studierenden ihren eigenen Wissenstand aufzeigen. Außerdem sollen Lehrende die Möglichkeit haben, anonym den Wissenstand und Lernfortschritt der Studierenden mitzuverfolgen.
Studierende sollen regelmäßige Möglichkeiten zur Selbstevaluation ihres Lernfortschritts haben. Diese können unter Wahrung des Datenschutzes technisch realisiert werden und helfen auch den Dozierenden bei der Vor- und Aufbereitung ihrer Vorlesungen.
4. Vision: Strukturelle Integration der Bildung für nachhaltige Entwicklung
Die Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedete 2015 die sogenannten SDGs (Sustainable Development Goals = Ziele für nachhaltige Entwicklung), die die Basis für die weltweite nachhaltige Entwicklung vorgeben. Bei der Verankerung von Nachhaltigkeit in der Gesellschaft, Wirtschaft und im Staat in allen Sektoren sind Hochschulen sehr relevante Player. Neben der Forschung an Lösungen, ist auch die Bildung und Ausbildung der jungen Generation eine sehr relevante Instanz. An Hochschulen wird heute ein guter Teil der Entscheidungsträger:innen von morgen ausgebildet, die von Beginn an lernen sollen, ihre Entscheidungen anhand der global definierten Nachhaltigkeitsziele zu treffen. Primär muss deshalb Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in allen Studiengängen und – programmen strukturell verankert werden. Dabei sollen die Thematiken in bereits bestehende Module einfließen, zusätzliche Module und auch explizit neue Studiengänge geschaffen werden. Die Konzepte für Nachhaltigkeit sind eine inter- und transdisziplinäre Aufgabe, die im Kontext des jeweiligen Studiengangs stehen soll und fachspezifische Antworten auf die gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen findet. Nachhaltigkeit sollte sich durch das gesamte Curriculum ziehen und in möglichst vielen Modulen integrativ verankert werden. Dabei ist nicht das Pensum der Studieninhalte zu erhöhen, sondern das allumfassende Thema Nachhaltigkeit bei der Studiengangskonzeption von Beginn an zu berücksichtigen bzw. zu integrieren. Bei Staatsexamensstudiengängen muss der Freistaat hier gemeinsam mit dem Bund die Vorgaben und Inhalte weiterentwickeln.
Zusätzlich sollen neue inter- und transdisziplinäre Module geschaffen werden, in welchen sich die Studierenden über ihren Fachbereich hinaus weiterbilden und zusammenarbeiten. Dabei soll allen Studierenden der Zugang zu interdisziplinären Modulen gegeben werden. Neben der allgemeinen Bildung aller Studierenden im Bereich Nachhaltigkeit, sollen auch spezifisch auf nachhaltige Zukunftsthemen ausgerichtete Studiengänge (z. B. Elektromobilität, Klimaschutzmanagement, Sozialunternehmertum, systemische Transformation) geschaffen werden. Solche Studiengänge sollen sich von Beginn an den SDGs orientieren und werden auch von Arbeitgebern immer mehr nachgefragt. Des Weiteren ist es erstrebenswert, dass flächendeckend Zusatzstudien „Nachhaltigkeit“ im Rahmen eines Zertifikatserwerbs angeboten werden.
Um die schnelle Weiterentwicklung und Anpassung der Studieninhalte zu gewährleisten und neue Programme auf den Weg zu bringen, sind Weiterbildungsangebote für Lehrende notwendig. Lehrende, die diese Angebote wahrnehmen, sollten für ihr Engagement zusätzlich belohnt werden. Dies kann beispielsweise durch die Entlastung von Lehrkapazität, der Freistellungen für Fortbildungen oder nachhaltige Lehrpreise geschehen.
An Hochschulen, die Nachhaltigkeit strukturell in bestehenden Studienprogrammen verankern oder neue Studienangebote in Form von neuen Studiengängen oder Zusatzstudien anbieten, ist die Nachfrage in den letzten Jahren merklich gestiegen. In der kommenden Studierendengeneration zeichnet sich vermehrt der Wunsch ab, die globalen Probleme unserer Zeit, wie bspw. die Klimakrise, zu verstehen und dementsprechend zu handeln. Auch sind diese Fähigkeiten auf dem sich schnell wandelnden Arbeitsmarkt extrem von Nutzen. Die Integration von BNE in alle Studienfächer hilft bei der Bildung der notwendigen „Future Skills“.
Studierende sollen in Bereichen der Nachhaltigkeit studiengangsunabhängig gebildet und ausgebildet werden. Nachhaltige Themen sollen dabei integral in das Curriculum eingebunden werden und wichtige Kompetenzen vermitteln.
5. Vision: Integration von Softskills und Future Skills
Die Globalisierung, das Internet und die fortschreitende Digitalisierung verändern unsere Gesellschaft so schnell wie noch nie zuvor. Die Anforderungen der Wissenschaft, der Wirtschaft und der Gesellschaft sind deutlich andere als noch vor einigen Jahren und Jahrzehnten. Mit Wissen umzugehen und es anzuwenden ist heute aufgrund der dauerhaften Abrufbarkeit von Wissen durch das Internet genauso in den Fokus gerückt, wie das interdisziplinäre Denken und Zusammenarbeit. So bedient sich beispielsweise die Verhaltensökonomie aus Inhalten der Psychologie und Ingenieur:innen werden mit ethischen Fragestellungen konfrontiert. Die eigene Persönlichkeit sowie außeruniversitäres Engagement und Weiterbildung gewinnen auf dem Arbeitsmarkt in den meisten Berufsgruppen immer mehr an Relevanz. Neue Fähigkeiten sind gefragt: Internationale und interkulturelle Zusammenarbeit, verantwortliche Führung, Präsentationstechniken, soziale Kompatibilität, ethische und moralische Einordnungen, Fähigkeiten, Wissen zu verknüpfen und die Fähigkeit zu wissen, wie Wissen erlangt werden kann.
Eine Ausbildung im Bereich geschlechter- und ethnisch sensibler Sprache stellt ebenfalls einen unersetzbaren Teil der Lehre da. Wer zukünftig beruflich erfolgreich sein möchte, muss seinen Mitmenschen gegenüber Empathie zeigen und die Fähigkeit beherrschen, sich an eine ständig wandelnde Kultur anzupassen. Wenngleich diese notwendigen Soft- und Future Skills nicht die grundlegende Basis und das grundlegende Fachverständnis ablösen, so sind sie bereits heute enorm wichtig. Aus diesen Gründen sollten in jedem Studiengang explizite Module für Schlüsselqualifikationen und Soft Skills vorgesehen werden. Das können zum einen zusätzliche Qualifikationen im Bereich Nachhaltigkeit (siehe Vision 4), aber auch persönlichkeitsbildende Qualifikationen sein. Zu Schlüsselqualifikationen gehören u. a. Sprachkurse, Rhetorikseminare, Kurse zu Integration und Inklusion, zum Umgang mit konventionellen und neuen Medien, zu ethikbasiertes Projektmanagement wertschätzender Kommunikation oder Wissenschaftsreflexion.
Mit Interdisziplinarität und mit Future Skills können Menschen globale Herausforderungen wie ökologische Krisen, globale soziale Ungerechtigkeiten oder Gesundheitskrisen gemeinsam, Branchen und gesellschaftsübergreifend lösen. Diese Fähigkeiten sind zudem ein Beitrag zur Stabilisierung der Demokratie, zur Vorbeugung von gesellschaftlicher Diskriminierung und zur Horizonterweiterung der Einzelnen.
Softskills und Future Skills sind ein integraler Bestandteil der zukünftigen akademischen Ausbildung. Die bayerischen Studierenden werden durch die Vermittlung solcher Kompetenzen im späteren Berufsleben profitieren.
6. Vision: Lehr- und Lernräume der Zukunft
Durch neue Lehrkonzepte wie Flipped Classroom und Blended Learning werden neue Anforderungen an Lehrende und Lernende gestellt. Damit diese und weitere sich in den nächsten Jahren noch entwickelnde Lernkonzepte realisieren lassen, müssen auch die Lehr- und Lernräume an den Hochschulen und Universitäten neuen Anforderungen gerecht werden. Durch die individuellen Bedürfnisse der Lehrenden und Lernenden müssen Räumlichkeiten ebenso innovativ, flexibel und dynamisch sein wie die Lehrkonzepte, welche darin ausgeübt werden.
Der klassische Frontalunterricht wird immer mehr an Bedeutung verlieren. Dagegen wird Kompetenz oder projektorientierte Lehre zunehmend mehr Raum und Zeit einnehmen. Dafür werden andere Räumlichkeiten, wie Seminar- und Gruppenarbeitsräume benötigt. Diese müssen sich auch physisch an die neuen Herausforderungen anpassen können. Hierfür sind bessere technische Ausstattung und flexiblere Bauweisen der Räumlichkeiten nötig. Raumaufteilungen und ‑strukturen müssen schnell an neue Lehrkonzepte anpassbar sein und mit wenig Aufwand von den Nutzenden adaptiert werden können. Die meisten Hörsäle sollen beispielsweise nicht fix bestuhlt sein, sondern mit mobilen Sitzplätzen und Tischen ausgestattet werden.
Durch hybride oder digitale Lehrangebote muss die technische Infrastruktur verbessert werden. Ein Zugang zu schnellem und stabilem Internet ist auch an den Hochschulen und Universitäten eine Grundvoraussetzung. Hierbei ist auch zu beachten, dass Studierende und Lehrende bereits jetzt nicht nur ein mobiles Endgerät besitzen. Jedes Gerät benötigt einen Internetzugänge und eine eigene Stromversorgung. Diese Endgeräte müssen auch einfach mit den Systemen wie beispielsweise Beamern, Monitoren etc. vor Ort kommunizieren können. Mit einem hybriden Lehrangebot müssen die Lehrräume nicht mehr zwingend der Kursgröße entsprechen. Stattdessen sollten Räumlichkeiten hochwertig ausgestattet sein, um digitale und hybride Inhalte bequem und effizient bearbeiten zu können.
Um eine kompetenz- und projektorientierte Lehre umsetzen können, müssen zudem ausreichend digitale Tools zum kollaborativen Arbeiten und Dateien- und Dokumentenaustausch zur Verfügung gestellt werden, welche wiederum von den Nutzenden einfach zu bedienen und in der Gebäudeinfrastruktur gut erreichbar sind.
Planung, Bau und Renovierung von bestehenden und neuen Gebäuden sollen studierendenzentriert durchgeführt werden. Durch eine transparente und offene Bauweise entstehen ein Gemeinschaftsgefühl und Offenheit zwischen Lehrenden und Studierenden. Der Campus der Zukunft soll nicht nur eine reine Lehr- und Lernstätte, sondern auch ein Ort zur Begegnung und des offenen Austauschs und Transfer werden. Hierbei sollten Hochschulen und Universitäten lediglich das Gerüst der Räumlichkeiten stellen. Studierende und Lehrende können diese dann selbst gestalten.
Eine neue, flexible und transparente Bauweise von Hochschulen und Universitäten muss für moderne Lehr- und Lernformate etabliert werden. Hierfür muss studierenden- und lehrendenzentriert gedacht werden, um den Herausforderungen von Lehre und Studium der Zukunft gerecht zu werden.
7. Vision: Hochschulen als Ort des lebenslangen Lernens
Hochschulen sollten sich in Zukunft noch mehr als generelle Bildungsanstalten begreifen und begriffen werden. In der sich schnell wandelnden Zeit und mit den bevorstehenden gesellschaftlichen Herausforderungen, wird lebenslanges Lernen immer wichtiger. Hier spielt vor allem Anpassungsfähigkeit eine wesentliche Rolle. Studierende müssen zukünftig nicht nur aktuelle Fachkenntnisse beherrschen, sondern die emotionale und soziale Intelligenz besitzen, sich an eine ständig ändernde Arbeitswelt anzupassen.
Hochschulen sollten sich als öffentliche Anstalten mehr für Weiterbildungen und Teilzeitstudiengänge öffnen. Ein wichtiger Bestandteil dabei sind Weiterbildungen für eigenes Personal. Professor:innen und weitere Lehrende sowie wissenschaftliche und nichtwissenschaftliche Mitarbeitende sollen regelmäßige Fortbildungen angeboten bekommen und wahrnehmen. Damit können neue Kompetenzen gefördert werden, die im Rahmen der Digitalisierung, der Geschlechtergerechtigkeit und der nachhaltigen Transformation essenziell sind. Hochwertige Fortbildungen innerhalb der Hochschullandschaft sollten mehr forciert, gefördert und zur Normalität werden.
Dafür ist es in Summe auch notwendig, dass die Lehre forschungsnäher wird und aktuelle Forschungserkenntnisse auch schneller in die Lehre umgesetzt werden. Somit kann die dritte kommende Säule des Transfers im Hochschulinnovationsgesetz direkt in die Tat umgesetzt werden.
Lebenslanges und forschungsnahes Lernen soll für alle Menschen ermöglicht und für alle Hochschulangehörigen zur Selbstverständlichkeit werden.
8. Vision: Hochwertiges Qualitätsmanagement für und durch alle Beteiligten
Um die genannten Aspekte guter und anspruchsvoller Lehre zu gewährleisten, bedarf es auch einer anhaltenden Selbstreflexion der Beteiligten. Kontinuierliche Verbesserungsprozesse sind keine Einschränkung der Freiheit der Lehre, sondern eine Bereicherung. Partizipative Qualitätsprozesse sichern nicht nur die Akkreditierungen in bayerischen Hochschulen, sondern spiegeln auch wichtige demokratische Grundsätze wider. Sie müssen allen Statusgruppen zugänglich sein und jede:r Hochschulangehörige sollte es als eigene Pflicht sehen, an diesen Prozessen teilzunehmen. Neben den Akkreditierungssiegeln können Hochschulen sich ebenfalls mit dem positiven Feedback ihrer Studierenden vermarkten. Bayerische Hochschulen sollen auch den Aufwand nicht scheuen und möglichst alle Lehrveranstaltungen evaluieren. Dieser Regelung müssen aktuell nur Lehrbeauftragte nachgehen, Professor:innen evaluieren ihre Lehrveranstaltungen teilweise nicht einmal jährlich. Evaluationen sind aber ein wichtiges Werkzeug, um die Lehre kontinuierlich verbessern zu können und einen anderen Dialog zwischen Dozierenden und Studierenden anzustoßen. Dozierende, welche aus der Motivation heraus junge Menschen unterrichten, um ihnen nicht nur fachliche Kenntnisse zu vermitteln, sondern auch eine gute und konstruktive Diskussionskultur aufzuzeigen, profitieren von solchen Prozessen. Sehr viele gute und engagierte Professor:innen führen bereits regelmäßige Feedback-Runden, Round Tables u. ä. durch. Dieser Aufwand lohnt sich und sollte flächendeckend verankert und durch alle Hochschulangehörigen praktiziert werden. Die offene Diskussions- und Verbesserungskultur soll nicht nur durch Studierende und Hochschulen als Bildungseinrichtungen ausgelebt werden, sondern durch alle Mitarbeitenden mitgestaltet werden.
Das offene, persönliche Gespräch wird sicher nie ersetzt werden. Anwendungsfreundliche digitale Werkzeuge können aber Hemmschwellen abbauen. Campus-Apps können als einfaches und niederschwelliges Interface zur kontinuierlichen Zwischen-Evaluation und Feedback entwickelt werden. Denkbar sind auch spielerische Ansätze wie Local Guides am Campus oder ein Belohnungspunktesystem. Diese Plattformen sollten idealerweise für alle Hochschulangehörigen zugänglich sein. Zwischenevaluationen im Semester oder kontinuierliche Evaluationen nach jeder Lehrveranstaltung bieten die Möglichkeit, während des Semesters Methodiken und Didaktiken anzupassen, bzw. einzelne Themen zu wiederholen.
Damit die Reflexion der Ergebnisse der Evaluation von der Lehrperson angeregt wird, wäre eine schriftliche Stellungnahme gegenüber der Fachvertretung, wie Studiendekan:innen, denkbar. Diese Stellungnahme könnte die Lehrperson auch mit ihren Studierenden durchgehen, um ergänzendes Feedback zu unklaren Punkten zu erhalten.
Ein interaktives Lehr- und Lernumfeld sichert langfristig die hohe Qualität und Attraktivität der bayerischen Hochschulen. Zu einem stetigen Qualitätsmanagement gehört auch ein regelmäßiger Austausch zwischen den Statusgruppen. Digitale Tools helfen außerdem, die Beteiligung an Evaluationen zu stärken und so einen besseren Überblick zu behalten. Zudem ist eine schriftliche Reflexion der Ergebnisse der Evaluation der Lehrenden wünschenswert.