Der Bayerische Landesstudierendenrat tritt im Rahmen der Wahrnehmung seiner Aufgaben für eine offene und pluralistische Gesellschaft und gegen jede Art von Hass und Hetze gegen Menschen, insbesondere gegen jede Art von Antisemitismus, Rassismus und Sexismus, gegen die Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung oder chronischer Erkrankung und gegen die Benachteiligung von Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer sexuellen Neigung oder Identität ein (§ 2 Abs. 2 GO [1]). In Zeiten von politischer Unruhe, zahlreichen Krisen und herausfordernden Aufgaben sind vor allem marginalisierte Studierende und Mitarbeitende der Hochschulen gefährdet. Daher ist es unabdingbar, dass Hochschulen Orte sind, an denen Diversität gelebt wird und an denen dadurch ein für die Wissenschafts- und Weltgemeinschaft ausschlaggebender Austausch stattfindet. Dies bedingt eine Gleichbehandlung aller Mitglieder der Hochschulgemeinschaft, unabhängig von kulturellen, religiösen oder ethnischen Hintergründen, sowie die Offenheit für Diskurs und Diskussion. Diskriminierung, sei es aufgrund des Alters, der sozialen oder geografischen Herkunft, der sexuellen Orientierung oder einer Behinderung oder chronischen Erkrankung, muss gestoppt werden.
Um für das Thema Diversität mehr Bewusstsein zu schaffen, sind Kurse und Informationen essenziell. Zusätzlich ist die öffentliche Solidarisierung mit marginalisierten Gruppen unabdingbar. Wir unterstützen nachdrücklich die Möglichkeit freiwilliger Weiterbildungsmöglichkeiten zu Themen wie Diversität und Inklusion, die durch die Möglichkeit einer Anerkennung der Studiengänge gefördert werden sollen. Auch die Schaffung von Kursen zu diesen äußerst wichtigen Themen als Teil der Studiengänge empfehlen wir an Stellen, an denen dies ermöglicht werden kann. Ein Beispiel hierfür wäre das Modul „Diversity als angewandtes Konzept in Wissenschaft und Organisationen“, angeboten über die virtuelle Hochschule Bayern [2]. Diese sollen helfen, in den Themenbereichen Diversität und Inklusion mehr Verständnis zu schaffen und ein respektvolles Miteinander zu ermöglichen. Zahlreiche Hochschulen sind hierbei schon vorangegangen, sodass auch eine Zusammenarbeit über Hochschulen hinweg ermöglicht werden kann, um die wissenschaftliche und soziale Zusammenarbeit zu fördern.
Doch nicht nur in einzelnen Studiengängen müssen Barrieren verstärkt abgebaut werden. Insbesondere für Lehrende sind verpflichtende Schulungen ein wichtiger Bestandteil der didaktischen, wissenschaftlichen und sozialen Weiterbildung. Diese helfen dabei, Diskriminierung abzubauen und in der vielfältigen Gesellschaft angepasste Lehrmethoden zu entwickeln. Auch für Studierende, die Tutorien halten, haben solche Weiterbildungen großen Mehrwert – jedoch müssen diese als Fortbildungsmaßnahme mit entlohnten Stunden eingeplant werden. Abgestimmte Lerninhalte und Methoden können helfen, eine Atmosphäre des offenen Diskurses und Austausches zu schaffen. Auch für Verwaltungsmitarbeitende sind entsprechende Schulungen von großer Bedeutung, um auf die unterschiedlichen Bedürfnisse eingehen und möglichst professionell und sensibel auf verschiedene Situationen reagieren zu können. Im Rahmen einer fortschreitenden Internationalisierung ist dies bereits seit Jahren nicht nur relevant, sondern mittlerweile ein wesentlicher Bestandteil des Arbeitsalltags.
Wir fordern vermehrt Förderprogramme für Frauen und nichtbinäre Personen, die auf Geschlechtergerechtigkeit in der Wissenschaft abzielen. Mit Blick auf die Geschlechtergerechtigkeit erwarten wir gleichermaßen Unterstützungsprogramme für Frauen, Männer und nichtbinäre Personen, um einen gerechten Ausgleich für alle Studienanfänger*innen zu schaffen sowie die Teilhabe aller Geschlechter an allen Studienfeldern zu ermöglichen. Dedizierte Programme für unterrepräsentierte Personengruppen sind besonders zu betonen, um auch historisch unterrepräsentierte Personengruppen explizit zu fördern. Ebenso müssen internationale Studierende gezielter eingebunden werden, besonders im Hinblick auf die derzeitige politische Lage, damit sich alle Studierenden in Bayern wohlfühlen. Diese Programme müssen, von Bereichen der Wohnungssuche und Visa über eine kulturelle Einführung, viele Aspekte abdecken, um den Studienstart maßgeblich zu erleichtern. Die Hochschullandschaft muss diverser und inklusiver werden, um Bayern als Wissenschaftsstandort attraktiver zu machen.
Diversität sollte aus vielen Gründen gefördert werden, insbesondere um aus der Vielfalt der Gemeinschaft heraus kreative Lösungen für Problemstellungen zu erarbeiten. Dominiert kontinuierlich eine Gruppe das Handeln der Gemeinschaft, wird relevantes Wissen ignoriert und weniger offen nach Antworten auf Fragestellungen gesucht. Gerade im Bereich der Forschung, in der innovative, neue Denkansätze benötigt werden, um die Probleme unserer Zukunft zu lösen, ist Diversität daher ein essenzieller Bestandteil, um Erfolg zu erreichen. Hierfür muss ein Umfeld an Hochschulen geschaffen werden, das die Vielfalt fördert und die Bedarfe stützt, damit verschiedene Perspektiven gleichberechtigt gehört werden und somit das volle Potenzial genutzt werden kann. [3], [4]
Vereinzelte bayerische Hochschulen haben sich den Bereichen Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion bereits angenommen und thematisieren diese sowie vereinzelte andere intersektional wichtige Themenbereiche. Diese zeigen, wie wichtig die Themen für ein Zugehörigkeitsgefühl und ein erfolgreiches Miteinander in der Hochschulgemeinschaft sind. Nichtsdestotrotz müssen diese Themenbereiche durch eine explizite Anerkennung und Förderung gezielter Projekte verdeutlicht werden. Förderungen für Unternehmen wie beispielsweise die „Initiative neue Qualität der Arbeit“ können als Vorbilder dienen [5]. Durch eine erhöhte Wertschätzung solcher Programme und Veranstaltungen können Anreize für die Erweiterung des Angebots geschaffen und somit eine Vervielfachung des Wissens erreicht werden. Ergriffene Maßnahmen müssen zudem regelmäßig evaluiert werden, damit diese keine Formalia darstellen, sondern tatsächlich die Zusammengehörigkeit und die gemeinsame Lehr‑, Lern- und Forschungsumgebung verbessern. Im Rahmen dieser Auswertungen sollten die Studierendenvertretungen ebenso wie Lehrende und die Verwaltung eingebunden werden. Nur durch den Erhalt der vielfältigen Perspektiven, durch die Förderung von Gleichberechtigung und durch gegenseitigen Respekt können Hochschulen auch künftig Vorbilder sein und für die Wissenschaft, Gesellschaft, Kultur, Politik und Wirtschaft herausragende Talente ausbilden, die in der Vielfalt Stärke erkennen.
Literatur
[1] Bayerischer Landesstudierendenrat, Geschäftsordnung. 2023.
[2] Virtuelle Hochschule Bayern, „Diversity als angewandtes Konzept in Wissenschaft und Organisation“. Zugegriffen: 8. September 2024. [Online]. Verfügbar unter: https://kurse.vhb.org/VHBPORTAL/kursprogramm/kursprogramm.jsp?kDetail=true&COURSEID=18149,80,1228,2
[3] McKinsey & Company, „Erfolgsfaktor kulturelle Diversität und faire Teilhabe“, Aug. 2023. Zugegriffen: 8. September 2024. [Online]. Verfügbar unter: https://www.mckinsey.de/~/media/mckinsey/locations/europe%20and%20middle%20east/deutschland/news/presse/2023/2023–09-18%20kulturelle%20vielfalt/2308_whitepaper_cultural_diversity_vs.pdf
[4] G. Krell und B. Sieben, „Diversity Management: Chancengleichheit für alle und auch als Wettbewerbsvorteil“, in Chancengleichheit durch Personalpolitik, G. Krell, R. Ortlieb, und B. Sieben, Hrsg., Wiesbaden: Gabler, 2011, S. 155–174. doi: 10.1007/978–3‑8349–6838-8_15.
[5] Bundesministerium für Arbeit und Soziales, „INQA-Experimentierräume“, www.inqa.de. Zugegriffen: 8. September 2024. [Online]. Verfügbar unter: https://www.inqa.de/DE/angebote/inqa-experimentierraeume/uebersicht.html