Zukunftsfähiges BAföG: Für eine gerechte Studienfinanzierung und Chancengleichheit in der Hochschulbildung

BESCHLUSS

Das BAföG ist seit Jahrzehn­ten ein zen­trales Instru­ment der Chan­cen­gle­ich­heit im Hochschulzu­gang und hat vie­len jun­gen Men­schen den Zugang zur Hochschul­bil­dung ermöglicht, die sich ein Studi­um ohne diese Förderung nicht hät­ten leis­ten kön­nen. Allerd­ings hat das BAföG in den ver­gan­genen zwei Jahrzehn­ten stark an Wirk­samkeit einge­büßt. Die unzure­ichende Anpas­sung der Bedarf­ssätze und Frei­be­träge hat dazu geführt, dass die staatliche Stu­di­en­förderung heute vielfach nicht mehr aus­re­icht, um die gestiege­nen Leben­shal­tungskosten der Studieren­den zu deck­en. Der Grundbe­darf liegt derzeit unter dem Niveau der „Düs­sel­dor­fer Tabelle“, die als Richtlin­ie zur Fes­tle­gung des Exis­tenzmin­i­mums bei Unter­halt­sansprüchen dient und regelmäßig angepasst wird, um die Leben­shal­tungskosten zu berück­sichti­gen:  Der BAföG-Grundbe­darf beträgt 475 Euro, während die Düs­sel­dor­fer Tabelle derzeit 520 Euro als erforder­lich ansieht. Die Wohnkosten­pauschale von 380 Euro reicht kaum aus, um in Hochschul­städten ein WG-Zim­mer zu finanzieren, während in Städten wie München die durch­schnit­tlichen Kosten hier­für bei 790 Euro oder im Bun­des­durch­schnitt bei 489 Euro liegen [1]. Zeit­gle­ich ist der Anteil der geförderten Studieren­den drastisch gesunken, von fast 30 % im Jahr 2012 auf nur noch 12 % im Jahr 2023 [2].

Die fehlende Über­ar­beitung und zeit­gemäßge Anpas­sung des BAföGs gefährdet den Grund­satz der Chan­cen­gle­ich­heit, dass der Bil­dungser­folg nicht vom Einkom­men der Eltern abhängig sein darf. Stu­di­en­ab­brüche auf­grund von finanziellen Eng­pässen kön­nen sich wed­er die Gesellschaft noch der Arbeits­markt leis­ten.

Die Bun­desregierung hat zwar Maß­nah­men wie die Anhebung der Bedarf­ssätze, die Ein­führung des Flex­i­bil­itätsse­mes­ters und eine mod­er­ate Erhöhung der Wohnkosten­pauschale umge­set­zt. Den­noch fehlen tief­greifende struk­turelle Refor­men, die das BAföG langfristig absich­ern und an die Leben­sre­al­itäten der Studieren­den anpassen. Der Bay­erische Lan­desstudieren­den­rat fordert eine Anhebung der Bedarf­ssätze auf ein exis­ten­zsich­ern­des Niveau, eine automa­tis­che Anpas­sung an Preis- und Einkom­mensen­twick­lun­gen sowie die Berück­sich­ti­gung des Miet­spiegels für die entsprechen­den Wohnkosten­pauschalen. Diese Dynamisierung sollte umfassend alle rel­e­van­ten BAföG-Kom­po­nen­ten umfassen, darunter Frei­be­träge, Sozial­pauschalen, Kranken- und Pflegev­er­sicherungszuschläge sowie die Mini­job­gren­ze, um eine kon­tinuier­liche Anpas­sung an steigende Leben­shal­tungskosten zu gewährleis­ten. Frei­be­träge soll­ten Fam­i­lien mit mit­tleren Einkom­men ent­las­ten, während das BAföG grund­sät­zlich elter­nun­ab­hängiger wer­den muss. Diese grundle­gen­den finanziellen Anpas­sun­gen stellen hier­bei nur einen Eckpfeil­er des nöti­gen Reformbe­darfs dar. Darüber hin­aus muss die Förder­höch­st­dauer um min­destens zwei Sem­ster ver­längert wer­den, um soziale Engage­ments, famil­iäre Verpflich­tun­gen, gesund­heitliche Her­aus­forderun­gen, verpflich­t­ende Prak­ti­ka, Aus­land­saufen­thalte und beru­fliche Tätigkeit­en etc. bess­er zu berück­sichti­gen. Das BAföG sollte als bedin­gungslos­es Studieren­denge­halt ohne Rück­zahlungsverpflich­tung gewährt wer­den. Alter­na­tiv ist zumin­d­est eine deut­liche Senkung der Dar­lehen­san­teile notwendig, um die Ver­schul­dungsangst der Studieren­den zu ver­ringern [3].

Um die Stu­di­en­fi­nanzierung effizien­ter zu gestal­ten, müssen sowohl bun­desweit als auch auf Lan­desebene umfassende Maß­nah­men zur voll­ständi­gen Dig­i­tal­isierung und Vere­in­fachung des BAföG-Antragsver­fahrens umge­set­zt wer­den. Ein voll­ständig dig­i­tales Sys­tem kön­nte Fehler beim Aus­füllen min­imieren und die Bear­beitungszeit­en erhe­blich verkürzen, was den Studieren­den eine verbesserte Pla­nungssicher­heit bietet. Benutzer­fre­undliche, bar­ri­ere­freie Antrags­for­mu­la­re sind essen­ziell. Der spez­i­fis­che Bedarf Studieren­der mit Behin­derung muss ein­fach und ohne bürokratis­che Hür­den berück­sichtigt wer­den. Studierende mit Beein­träch­ti­gung ste­hen vor zusät­zlichen Her­aus­forderun­gen. Es müssen bar­ri­ere­freie Ange­bote in deutsch­er Gebär­den­sprache und leichter Sprache bere­it­gestellt wer­den. Eine flex­i­ble BAföG-Struk­tur ist erforder­lich, um behin­derungs­be­d­ingte Verzögerun­gen abzufed­ern, beispiel­sweise durch zusät­zliche Semes­ter ohne Sank­tio­nen. Die Bere­it­stel­lung von Assis­ten­zen und spez­i­fis­ch­er Unter­stützung sollte finanziell abgesichert und ein­fach­er zu beantra­gen sein. Zusät­zlich ist es entschei­dend, die per­son­elle Ausstat­tung der BAföG-Ämter zu verbessern, damit Anträge zügig und effizient bear­beit­et wer­den kön­nen. Die lange Bear­beitungs­dauer ist häu­fig auf kom­plexe und unvoll­ständi­ge Anträge sowie auf per­son­elle Unterbe­set­zung in den BAföG-Ämtern zurück­zuführen. Um dem steigen­den Ver­wal­tungsaufwand gerecht zu wer­den, sind daher mehr Per­son­al und gezielte Maß­nah­men zur Per­son­al­bindung notwendig. Der wach­senden Kom­plex­ität muss ent­ge­gengewirkt wer­den, sodass die Höhe des BAföG trans­par­ent berech­net wer­den kann und die Zahl der Son­der­fälle und Aus­nah­men deut­lich ver­ringert wird. Darüber hin­aus bleibt die Forderung nach einem elter­nun­ab­hängi­gen BAföG zen­tral, um langfristig mehr Gerechtigkeit zu schaf­fen und den bürokratis­chen Aufwand zu reduzieren.

Studierende mit Kindern ste­hen vor beson­deren Her­aus­forderun­gen, die eine gezielte Unter­stützung erfordern. Das BAföG berück­sichtigt diese Sit­u­a­tion durch einen Kinder­be­treu­ungszuschlag in Höhe von 160 Euro pro Monat für jedes Kind unter 14 Jahren, der als Vol­lzuschuss gewährt wird und nicht zurück­gezahlt wer­den muss. Den­noch bleibt die finanzielle Sit­u­a­tion viel­er studieren­der Eltern anges­pan­nt, da die Förderung oft nicht aus­re­icht, um die gestiege­nen Leben­shal­tungskosten und die zusät­zlichen Aus­gaben für die Kinder­be­treu­ung zu deck­en. Eine deut­liche Erhöhung des Kinder­be­treu­ungszuschlags wäre notwendig, um die reale finanzielle Belas­tung für studierende Eltern bess­er abz­u­fan­gen und so die Vere­in­barkeit von Studi­um und Fam­i­lie zu erle­ichtern.

Der Bay­erische Lan­desstudieren­den­rat appel­liert abschließend an die Bun­desregierung und die Län­der, die längst über­fäl­lige, grundle­gende BAföG-Reform zügig umzuset­zen. Eine zukun­fts­fähige und gerechte Stu­di­en­fi­nanzierung muss sich­er­stellen, dass alle jun­gen Men­schen unab­hängig von ihrer sozialen Herkun­ft studieren kön­nen. Nur so kann die Chan­cen­gle­ich­heit in der Wahl der Aus­bil­dung wieder­hergestellt wer­den.

Literatur

[1]           Moses Mendelssohn Insti­tut, „Hochschul­städtescor­ing Win­terse­mes­ter 2024/2025“. Zuge­grif­f­en: 10. Novem­ber 2024. [Online]. Ver­füg­bar unter: https://moses-mendelssohn-institut.de/aktuelles/hochschulstaedtescoring-wintersemester-2024–2025/

[2]          Deutsches Studieren­den­werk, „Die Entwick­lung der amtlichen BAföG-Dat­en von 2013 bis 2023“. Zuge­grif­f­en: 10. Novem­ber 2024. [Online]. Ver­füg­bar unter: https://www.studierendenwerke.de/fileadmin/user_upload/DSW_Tabelle_BAfoeG-Daten_2013-2023.pdf

[3]          Die Zeit, „Stu­dienori­en­tierung in unsicheren Zeit­en“. Zuge­grif­f­en: 10. Novem­ber 2024. [Online]. Ver­füg­bar unter: https://advise.zeit.de/wp-content/uploads/2024/10/SIT_Studie_HeyStudium2024.pdf

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