Die bauliche und infrastrukturelle Situation an deutschen Hochschulen – und auch in Bayern – ist alarmierend. Marode Gebäude, undichte Decken, veraltete Technik und überlastete Mensen sind mittlerweile bittere Realität und keine Ausnahme mehr. Jahrzehntelang wurden notwendige Sanierungen aufgeschoben. Heute erleben wir die Konsequenzen dieses strukturellen Investitionsstaus: Gebäude, die nicht mehr nutzbar sind, Lehrveranstaltungen, die in Ausweichräumen oder gar digital stattfinden müssen, und Labore, in denen aus Sicherheitsgründen nicht mehr gearbeitet werden darf.
Der Bayerische Landesstudierendenrat fordert daher eine umfassende Sanierungsoffensive, getragen von Bund und Ländern, die die Hochschulen endlich zu dem macht, was sie sein sollten – lebendige, moderne, sichere und nachhaltige Orte des Lernens, Forschens und Zusammenlebens.
Konkrete Forderungen des Bayerischen Landesstudierendenrats:
- Einrichtung eines langfristig gesicherten Bund-Länder-Investitionsprogramms zur Sanierung und Modernisierung der Hochschulen.
Im Koalitionsvertrag steht es bereits – nun muss dieser Plan schnellstmöglich in die Tat umgesetzt werden. Dieses Programm muss auskömmlich, dauerhaft und zuverlässig ausgestattet sein und alle Bereiche der Hochschulen einbeziehen – von Lehrgebäuden über Labore, Bibliotheken und Mensen bis hin zur digitalen Infrastruktur. - Schnelle, unbürokratische und zusätzliche Bereitstellung von Mitteln.
Es darf nicht bei symbolischer Unterstützung bleiben. Bund und Länder müssen ihre Mittel verbindlich aufstocken, und diese müssen in zügigen, vereinfachten Verfahren abrufbar sein – ohne übermäßige Antragshürden, die den Prozess weiter verzögern. - Kopplung der Sanierung an ökologische und soziale Kriterien.Angesichts des Ziels der Klimaneutralität bis 2045 ist die Kopplung von Sanierungsmaßnahmen an ökologische und soziale Kriterien unerlässlich. Energieeffizienz, nachhaltige Baustandards und barrierearme Infrastrukturen sind grundlegende Voraussetzungen.
- Bürokratieabbau und Planungsbeschleunigung.
Langwierige Genehmigungsverfahren und überzogene Berichtspflichten behindern den Fortschritt. Hochschulen dürfen nicht an Bürokratie scheitern. Planungs- und Bauprozesse müssen deutlich beschleunigt und vereinfacht werden. - Einbindung von Studierenden in alle Planungs- und Sanierungsprozesse.
Studierende wissen am besten, was sie brauchen: Ruhige Lernräume, funktionale Mensen, bezahlbarer Wohnraum, Campus-Orte der Begegnung. Sie müssen an Entscheidungen beteiligt und nicht nur informiert werden.
Begründung:
Die Hochschulen sind das Rückgrat der wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung unseres Landes. Sie sind Orte, an denen Zukunft entsteht – sei es durch die Ausbildung dringend benötigter Fachkräfte oder durch ihren Beitrag zum gesellschaftlichen Diskurs. Doch dieses Potenzial droht verloren zu gehen, wenn wir nicht in die infrastrukturellen Grundlagen investieren.
Der Sanierungsstau an deutschen Hochschulen wird von Expert*innen aktuell auf über 140 Milliarden Euro geschätzt.[1] Ganze Gebäudekomplexe stammen noch aus den 1960er- und 1970er-Jahren und sind inzwischen weder funktional noch sicher. Decken aus Spannbeton halten keine Maschinen mehr aus, Labore stehen leer, weil sie nicht nutzbar sind, und in manchen Mensen droht der Ausfall von Strom und Lüftung. Gleichzeitig steigen die Studierendenzahlen, die Anforderungen an Lehre und Forschung wachsen – aber die baulichen Voraussetzungen schrumpfen.[2]
Diese Zustände gefährden nicht nur die Qualität von Studium und Wissenschaft, sie gefährden auch Bildungsgerechtigkeit. Wenn Studierende unter Kälte im Winter und überhitzten Räumen im Sommer leiden, wenn es an Lernplätzen mangelt und die Warteschlangen vor Mensen Wartezeiten von über 30 Minuten verursachen, dann trifft das besonders jene, die sich kein ruhiges WG-Zimmer, keinen Laptop, kein Essen außer Haus leisten können.
Die Sanierung der Hochschulen ist keine Zukunftsaufgabe – sie ist ein akutes Handlungsfeld. Wer heute versäumt zu investieren, riskiert nicht nur Gebäudeschäden, sondern gefährdet den Studienerfolg von Millionen junger Menschen, verschärft soziale Ungleichheit und bremst den wissenschaftlichen Fortschritt.
Die Wissenschafts- und Hochschulpolitik der kommenden Jahre muss sich dieser Verantwortung stellen. Die Bundespolitik hat die Pflicht, die Länder in dieser Mammutaufgabe zu unterstützen. Es darf nicht länger sein, dass Hochschulpräsident*innen um Millionenbeträge betteln müssen, um Decken abzustützen oder Labore nutzbar zu machen. Es darf nicht sein, dass Nachwuchswissenschaftler*innen abspringen, weil ihre Arbeitsräume Bau-Ruinen gleichen.
Die gesellschaftlichen Herausforderungen der Zukunft – vom Klimawandel über die Digitalisierung bis hin zur Sicherung des sozialen Friedens – lassen sich nur mit starken Hochschulen meistern. Und starke Hochschulen brauchen eine starke Infrastruktur. Die Innovationswende, von der so oft die Rede ist, beginnt nicht auf dem Papier, sondern auf dem Campus.
Als Studierende fordern wir die politisch Verantwortlichen auf, jetzt entschlossen zu handeln. Wer Bildung und Wissenschaft stärken will, muss in die Räume investieren, in denen sie stattfinden. Es geht nicht um Schönheitsreparaturen – es geht um nichts weniger als die Zukunftsfähigkeit unseres Landes.
[1] hattps://www.forschung-und-lehre.de/politik/sanierungskosten-im-deristelligen-milliardenbere
[2] hattps://www.gew.de/aktuelles/detailseite/30-jahre-lang-wurde-nichts-unternommen