Für Studierende ist die eigene Gesundheit ein Kernelement erfolgreichen Studiums, welches nur dann gesundheitsfördernd und nachhaltig absolviert werden kann, wenn die Hochschulen ein entsprechendes Umfeld bieten. Studentische Gesundheit gliedert sich hierbei in die zwei großen Teilbereiche psychische und physische Gesundheit, welche wiederum zahlreiche Unterthemen beinhalten, die im Folgenden ausführlich beleuchtet und unter Beachtung von aktuellen Problemen, bestehenden Best Practices und möglichen
Entwicklungsmöglichkeiten aufgearbeitet werden. Laut der best3-Studie [1] haben etwa 16% der Studierenden eine studienerschwerende Beeinträchtigung, wobei die Tendenzen steigen. Diese Thematik ist bisher in der Hochschullandschaft stark unterrepräsentiert. Zugleich dürfen finanzielle Rahmenbedingungen dabei nicht aus dem Blick geraten – der BayStuRa hat bereits in seinem Beschluss zur studentischen Krankenversicherung betont, wie wichtig faire und zukunftsorientierte Versicherungsregelungen für alle Studierenden egal welcher Biografie sind. Das vorliegende Positionspapier soll somit einerseits allen Stakeholdern vermitteln, wie weitreichend das Themenfeld ist und wie viel erreicht werden kann, andererseits die Lösungsumsetzung optimieren und Synergien schaffen. Hochschulen sollten physische und psychische Gesundheit gleichwertig fördern und die hierfür benötigte, angepasste Infrastruktur bereitstellen. Wir fordern daher die Einführung und Förderung eines studentischen Gesundheitsmanagements (SGM) an allen bayerischen Hochschulen und Universitäten. Diese Forderung ist Teil eines Strategiepapiers des Arbeitskreises gesundheitsfördernde Hochschulen. Ein SGM kann sowohl neue Angebote erschließen als auch eine bessere Kenntnis und leichtere Zugänglichkeit von bereits bestehenden Angeboten ermöglichen. Des Weiteren sollten alle studentischen Gesundheitsmanagements, z. B. über den Arbeitskreis gesundheitsfördernde Hochschulen, miteinander vernetzt werden. Einerseits braucht es den übergreifenden Erfahrungsaustausch, andererseits müssen aufgrund der Heterogenität der Hochschulen Herausforderungen, Bedürfnisse und Ressourcen der Studierenden jedes spezifischen Standorts einzeln ermittelt werden, um zielgerichtete Maßnahmen und Angebote entwickeln zu können.
Heute finden sich leider häufig Probleme physischer Gesundheit im Alltag der Studierenden an Hochschulen. Hierzu gibt es definitiv allerlei Potential zur Verbesserung. Hörsäle, die weder barrierearm noch ergonomisch ausgestattet sind, zwingen Studierende in gesundheitlich schädliche Haltungen und bilden häufig den Ausgangspunkt von Rückenschmerzen und Verspannungen [2].
Bedenkt man, dass viele Studierende jede Woche circa 15 Stunden in Hörsälen und Seminarräumen verbringen, wird deutlich, wie wichtig ergonomische Arbeitsplätze sind. Dies gilt selbstverständlich auch für studentische Lernplätze, an denen zusätzlich zahlreiche Stunden verbracht werden [3]. Wir fordern für den Arbeitsalltag von Studierenden dieselben Bedingungen wie für staatliche Mitarbeitende, sodass bereits auf dieser Ebene Gesundheit vollumfänglich mitgedacht wird. Insbesondere bei Renovierungen fordern wir eine Einhaltung entsprechender Standards, aber auch bei der Neubeschaffung von Mobiliar müssen entsprechende Kriterien erfüllt werden. Um das Arbeiten im Stehen zu ermöglichen, sollten Universitätsbibliotheken beispielsweise Aufsätze für Schreibtische ausgeben.
Über Arbeitsplätze hinaus benötigen Hochschulen mehr Rückzugsräume, die zwischen einzelnen Lehrveranstaltungen die Möglichkeit für Pausen und Entspannung zulassen, sodass das körperliche Wohlbefinden an den Standorten von Hochschulen verbessert wird. Hier sind oftmals bereits einfache Sitzmöglichkeiten eine enorme Aufwertung, weswegen im Rahmen von Gebäudekonzepten umsetzbare Erholungsflächen entstehen sollten. Zusätzliche Rückzugs- und Erholungsräume ergänzen offene Raumkonzepte.
Im Rahmen physischer Gesundheit sollten Sportprogramme für Studierende ausgebaut und unkompliziert zugänglich gemacht werden. Beispiele wie „FAU bewegt“ oder der zentrale Hochschulsport an vielen Standorten sind gute Beispiele, wie systematisch ein großflächiges Angebot geschaffen werden kann [4], [5]. Ein ausgedehntes Sportangebot eröffnet die Möglichkeit zum Austesten neuer Sportarten, schafft ein Gemeinschaftsgefühl und unterstützt die Fitness der Hochschulgemeinschaft. Dieses Angebot muss kostengünstig sein, sodass es für alle Studierenden, unabhängig von ihrer finanziellen Situation, zugänglich ist. Ebenso darf solches Programm nicht auf Kosten anderer Sparzwänge reduziert werden. Ein besonderes Augenmerk bei Blick auf das Angebot sollte auf gesundheitsfördernde Programme gelegt werden, die beispielsweise auf Vielsitzer*innen spezialisiert sind und den Studierenden Übungen und Methoden an die Hand geben, auch langfristig ihren Alltag gesund zu stemmen. Hier kann eine Zusammenarbeit mit Krankenkassen gegebenenfalls zielführend sein. Um den Alltag zudem gesundheitsfördernd zu unterstützen, sollten Hochschulstandorte derart gestaltet sein, dass Bewegung gut in den Alltag integriert werden kann. Dies beginnt bei hellen, gut erreichbaren Treppenhäusern und geht bis zu sicheren Rad- und Fußwegen. Bei großen Campus empfiehlt sich zudem die Einrichtung eines Bike-Sharing-Systems bzw. die Entwicklung einer Nutzungsvereinbarung mit den lokalen Anbietern solcher Sharing-Dienste. Bewegung im Alltag attraktiv zu machen, muss daher eine gemeinsame Anstrengung von Hochschulstädten, Studierendenwerken und den Hochschulen selbst sein. Offen zugängliche Sportstätten wie beispielsweise Trimm-Dich-Pfade oder Tischtennisplatten an den verschiedenen Hochschulstandorten anzubieten, schafft weitere Optionen, Sport in den Alltag zu integrieren.
Die oben erwähnte Zusammenarbeit mit Krankenkassen sollte zudem mit Blick auf Impfungen oder allgemeine Angebote zum Gesundheitsschutz in Betracht gezogen werden. Ähnlich wie in großen Betrieben kann ein erweitertes Angebot für beispielsweise Grippeimpfungen die Wahrnehmung solcher Angebote erleichtern und somit einen erhöhten Gesundheitsschutz bieten, wie 2021 im Bezug auf COVID-19-Impfungen bereits von der HRK gefordert oder an der Hochschule Bremen wahrgenommen [6], [7]. Insbesondere für internationale und zugezogene Studierende können solche Angebote hilfreich sein, da die Suche nach neuen Ärzten sich oftmals schwierig darstellt. Dabei spielen Prävention von und Aufklärung über Krankheiten eine wichtige Rolle bei der Eindämmung der Verbreitung dieser. Zu betonen ist, dass solche Angebote ausschließlich freiwillig wahrgenommen werden dürfen und kein Studierender sich zu entsprechenden verpflichtet fühlen sollte.
Ebenso wenig wie Studierende zur Wahrnehmung von Angeboten zur Prävention gezwungen werden sollten, sollten sie dazu gezwungen werden, in Fällen von Krankheit ihre Kurse zu besuchen. In zahlreichen Lehrveranstaltungen gibt es eine maximale Zahl an Fehltagen, die das sinnvolle Auskurieren vieler Krankheiten schwer bis unmöglich macht. Zum eigenen Schutz gleichermaßen wie zum Schutz der Mitstudierenden sollten für Fälle von Krankheiten alternative Möglichkeiten geboten werden. Sei es die hybride Teilnahme oder das Angebot von Nachholterminen für einzelne Modulbestandteile. Diese Lösungen müssen sowohl für akute als auch für chronische, physische ebenso wie psychische Erkrankungen gefunden werden. Wenn aufgrund einer chronischen Erkrankung eine erfolgreiche Teilnahme innerhalb eines Semesters nicht möglich ist, sollte beispielsweise eine Erweiterung auf zwei Semester oder eine andere Form zum Ablegen des Moduls ermöglicht werden. Grundlage für solche Sonderregelungen muss eine entsprechende Krankschreibung sein, spezifische Lösungen sollten in Kooperation von Beratungsstellen, Lehrenden und Studierenden erarbeitet werden. Hierfür müssen transparente, bayernweit einheitliche Standards und Lösungswege entwickelt werden, auf die einzelne Beratungsstellen zurückgreifen können, und Studierenden müssen klare Rahmenbedingungen, auch bei Hochschulwechsel, gegeben werden. Ähnlich müssen Regelungen für Nachteilsausgleiche entwickelt werden. Dass bereits hochschulintern maßgebliche Unterschiede in der Handhabung von Nachteilsausgleichen gegeben sind, wie Studierende regelmäßig berichten, ist untragbar. Wie zahlreiche Hochschulen betonen, geht es bei einem Nachteilsausgleich explizit nicht darum, Vorteile zu verschaffen, sondern lediglich Chancengleichheit zu gewährleisten. Auch hierfür müssen die entsprechenden Sachbearbeitungen und Beratungsstellen langfristig eingerichtet, ausreichend ausgestattet, gut geschult und fortgebildet werden, sodass einheitliche Regelungen bayernweit nicht nur auf dem Papier vorgeschrieben werden, sondern auch in der Realität der Studierenden Anwendung finden. Studiengangsspezifische Lösungen müssen dann zum Greifen kommen, wenn es um Flexibilität im Aufbau der Programme oder um Umwandlung der bestehenden Prüfungsformen für Ausnahmefälle geht. Durch einen fair geregelten Nachteilsausgleich können Studierende stressfrei studieren und wissen, dass die persönlichen Einschränkungen ausreichend berücksichtigt werden, dass dies keinen Grund zur Sorge einzelner Studierender darstellt.
Erweitert man den Horizont möglicher Einschränkungen, so wird schnell deutlich, dass auch mit Blick auf Ernährung viele Studierende mit Einschränkungen leben müssen. Spezielle Diäten, beispielsweise glutenfreie oder auf Diabetes angepasste Ernährung, einfache Allergien oder kulturell bedingte Ernährungsformen nehmen ebenfalls Einfluss auf den Studienalltag, wenn die Hochschulgastronomie keine vollwertigen Gerichte für entsprechende Diäten anbietet. Dass Studierende mit gewissen Einschränkungen an manchen Hochschulstandorten ausschließlich eine trockene Semmel konsumieren können, darf nicht der Standard sein, den wir in Bayern setzen. Im Gegenteil, die Hochschulgastronomie muss für entsprechende Bedürfnisse gesunde Angebote und Alternativen bereithalten und auch an kleinen Standorten Optionen für verschiedene Diäten anbieten. Für die Mensa der Zukunft hat der BayStuRa klare Vorschläge und Kriterien entwickelt, die im entsprechenden Beschluss ausgeführt werden. Das erklärte Ziel der Hochschulgastronomie muss eine gesunde, vollwertige und bezahlbare Lebensmittelversorgung der Studierenden sein.
Auch wenn die Bereiche physische und psychische Gesundheit nicht klar voneinander abzugrenzen sind und häufig ineinandergreifen, lag der bisherige Fokus auf der physischen Gesundheit. Die im Folgenden erläuterten Aspekte der psychischen Gesundheit sind maßgeblich auch beeinflusst von den Kernpunkten zur physischen Gesundheit – wie beispielsweise eine inklusive Mensa, die keine Personen ausgrenzt, oder ein Sportangebot, das zur Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens beitragen kann.
Die mentale Gesundheit der Studierenden ist zentral für ein erfolgreiches Studium. Doch statt offen über Probleme sprechen zu können, werden oftmals Themen wie Depressionen oder Angststörungen tabuisiert, während gleichzeitig professionelle Hilfsangebote schwer zu erreichen und überlastet sind [8], [9], [10]. Um psychische Erkrankungen zu enttabuisieren, muss auch in der Hochschulgemeinschaft allgemein deutlicher darüber gesprochen werden. Beispielsweise sollten in Lehrveranstaltungen zu Beginn, wenn über Abgaben, Prüfungsphasen und ähnliche Inhalte gesprochen wird, auch die Themen Überbelastung und psychische Probleme angesprochen und Lösungswege sowie Ansprechpersonen vorgestellt werden. Flexible Lösungen im Falle von sowohl physischer als auch psychischer Erkrankung sind maßgeblich, um ein erfolgreiches Studium zu ermöglichen. Hierfür braucht es eine verbesserte Betreuung durch Dozierende, denen rechtliche Möglichkeiten bekannt sind und die durch gezielte Schulungen das nötige Bewusstsein über die Problematik erlangen.
Vorhandene Hilfsangebote müssen besser vernetzt und somit leichter zugänglich sein. Dies kann über verschiedene Kanäle erreicht werden. Im ersten Schritt muss ein umfassender Webauftritt aufgebaut und regelmäßig überarbeitet werden, der stets zu den korrekten Ansprechpersonen führt. Darüber hinaus ist eine zentrale Anlaufstelle, die alle Anliegen behandelt, essenziell. Diese verhindert mühevolle Suche nach den richtigen Kontaktmöglichkeiten. Stattdessen sollten an diesen zentralen Stellen alle Anliegen erstbearbeitet, an die tatsächlich verantwortlichen Stellen weitergeleitet und entsprechend dort vollständig aufgenommen und unterstützt werden. Hierbei ist es maßgeblich, dass die Antwort niemals „Bitte wenden Sie sich an …“ lauten darf, sondern stets „Hierfür ist … zuständig. Diese werden sich bei Ihnen melden.“ Gerade mit Blick auf psychische Erkrankungen ist eine Verantwortungsdelegation ausschließlich an Betroffene ein großes Hindernis, um Hilfe zu suchen und anzunehmen. Wie bereits angeschnitten, sind Dozierende ebenfalls ein guter Ausgangspunkt, um Erkrankungen zu enttabuisieren und als erste Anlaufstellen zu dienen. Auch Studienberatung und ähnliche Stellen müssen für solche Fälle Ausgangspunkte werden. Diese können durch zusätzliche Tutor*innen unterstützt werden. Zum einen bedarf es explizit ausgebildeter, nur für diese Aufgaben zuständiger Tutor*innen wie beispielsweise Inklusionstutor*innen. Zum anderen können auch reguläre Tutor*innen unterstützen, da sie als erste, niederschwellige Anlaufstelle für Mitstudierende gut erreichbar sind. Sie dürfen unter keinen Umständen die Betreuung in Fällen psychischer Krankheiten übernehmen, wohl aber nach einer entsprechenden Schulung erste Kontaktpersonen werden. Sie können Unterstützung bieten, um die professionellen Beratungsangebote zu finden, den Weg ins Studienbüro begleiten oder im ersten Moment ein offenes Ohr haben, um die richtigen nächsten Schritte einzuleiten. Hierfür müssen sie explizit geschult und unterstützt werden – gleichermaßen, um helfen und Grenzen der eigenen Kompetenz ziehen zu können.
Um eine angemessene Kontaktaufnahme und Betreuung sicherstellen zu können, wird Vernetzung mit den richtigen Stellen benötigt. Hiervon kann auch die kontinuierliche Überarbeitung der laufenden Programme und Angebote in ihren Inhalten profitieren. Hinzu kommt die Notwendigkeit des automatischen Ausbaus der Beratungsstellen bei Anwachsen der Fallzahlen, um eine ausreichende Betreuung darstellen zu können. Unter Berücksichtigung der DSGVO soll es ermöglicht werden, bearbeitete Fälle anonym zu analysieren, um Rückschlüsse auf die Bedürfnisse der Studierenden zu ziehen. Dies führt im erfolgreichen Abschluss zu möglichen Veränderungen in Studiengängen, Prüfungsformen und Hochschulumgebungen, um entsprechenden Problemen der Studierenden vorzubeugen und ein gesundes Studienumfeld zu schaffen.
Zu möglichen Angeboten zählen über die psychosozialen Beratungsstellen hinaus auch Angebote, beispielsweise zur Stressbewältigung, gegen Prüfungs- oder Zukunftsangst. Kurse, die bisher nur für Mitarbeitende eingerichtet wurden, sollen bei freien Kapazitäten ebenfalls für Studierende geöffnet werden, um weitere Entlastung zu schaffen. Dedizierte Kurse nur für Studierende müssen ausgebaut und angepasst werden. Solche Kurse müssen vielfältig sein, um den verschiedenen Bedürfnissen der Studierenden zu begegnen. So sind es einerseits die klassischen Angebote gegen Prüfungsangst, andererseits auch neuartigere Versuche und testweise eingeführte Module wie „Mindful-Cycling“ oder zur Stressreduktion [11]. Die regelmäßige Evaluation von Angeboten stellt deren Wirksamkeit sicher und ermöglicht es, Kapazitäten für neue Programme zu eröffnen, wenn nicht länger Angenommenes gestrichen wird.
Um der erheblichen Stresssituation in Studiengängen zu begegnen, ist es maßgeblich, dass die Zahl an Abgaben mit festen Deadlines begrenzt ist, Stundenpläne nicht übervoll sind und die Arbeitslast in Studiengängen nicht regelmäßig über eine reguläre Vollzeitwoche hinausgeht. Um Personen mit psychischen Krankheiten Entlastung zu verschaffen, müssen auch solche als Grund für verspätete Abgaben gewertet werden und Prüfungsphasen derart gestaltet sein, dass sie psychischen Stress mindern können. Ebenso bedarf es, ähnlich wie im Falle des Nachteilsausgleichs, einheitlicher Regelungen und eines klar definierten, transparenten Umgangs. Diese Regelungen sollten eindeutige Prozesse festlegen, eine individuelle Situation allerdings durch Gespräche oder entsprechende Bescheinigungen von Ärzten berücksichtigen. Studiengänge können durch mehr Flexibilität in ihrer Ausgestaltung zudem Raum für individuelle Bedürfnisse schaffen. Um nicht nur auf dem Papier Regelungen zu entwickeln, sondern diese auch innerhalb der Hochschulgemeinschaft zu leben, müssen Schulungen für Lehrende im Bereich der (studentischen) Gesundheit durchgeführt werden. Dies kann nicht nur Bewusstsein über mögliche Probleme und Krankheiten schaffen, sondern eben auch konkrete Lösungen und Möglichkeiten aufzeigen.
Wichtig ist zu betonen, dass die Unterstützung von Mitstudierenden nicht auf Kosten der eigenen Gesundheit gehen darf. Häufig landen problematische Krankheitsfälle, bei denen das Hochschulsystem keine gute Lösung weiß, bei Studierendenvertretungen. Deshalb ist es von großer Bedeutung, auch die Studierendenvertretungen gut zu schulen und klare Kompetenzen zu definieren, sodass nicht Einzelpersonen versuchen, zu unterstützen, wo dies längst persönliche Kompetenzen überschreitet. Das ehrenamtliche Engagement ist ohnehin häufig ein ausgesprochen zeitintensives, stressförderndes Unterfangen, das ohne finanziellen Ausgleich durchgeführt wird. Es ist daher wichtig, dass Ehrenamtler*innen besonders entlastet werden und für ihren Einsatz mit ausreichend Ressourcen ausgestattet werden. Insbesondere wenn die Studierendenvertreter*innen zentrale Aufgaben der Hochschulen unterstützen, muss über eine finanzielle Entlastung gesprochen werden. Eine mögliche solche Rolle übernehmen häufig zentrale, hochschulpolitische Ämter, ebenso dedizierte Beauftragte für die Themen studentische Gesundheit oder Gesundheitsmanagement. Durch die flächendeckende Einführung, Förderung und Vernetzung eines studentischen Gesundheitsmanagements und die Schaffung entsprechender Ressourcen (Stellenanteile, Budgets) können einerseits gesundheitsförderliche Maßnahmen umgesetzt und andererseits (oftmals) ehrenamtlich engagierte Personen entlastet werden.
„Gesundheitsförderung [kann] an einer Universität nicht als ehrenamtliches ‚Hobby‘ besonders Engagierter bestehen. Sie bedarf einer stabilen Organisations- und Personalstruktur und eines der Aufgabe angemessen qualifizierten Personals“ [12].
Das studentische Ehrenamt ist eine von vielen Säulen des Füreinander-Einstehens, die das Hochschulleben prägen und unterstützen müssen. Zivilcourage, die Diskriminierung in jeglicher Form unterbindet und gegen Rassismus und Hasskommentare einsteht und somit an Hochschulen einen Ort der Sicherheit schafft, ist maßgeblich dafür, dass sich Studierende sicher fühlen und sich keine Sorgen machen müssen. Nur an Campus, die diskriminierungsfrei sind, können Studierende stressfrei dem Hochschulalltag nachgehen. Doch sie müssen nicht nur frei von Diskriminierung sein, sondern auch die Vielfalt der Studierenden begrüßen und eine soziale Integration fördern. Gerade für Studierende, die für das Studium in eine neue Stadt ziehen, ist das Ankommen am Hochschulstandort häufig nicht einfach. Dies betrifft nicht nur, aber insbesondere auch Internationals. Es sollten entsprechend Unterstützungsprogramme aufgebaut werden, die das Einleben und Wohlfühlen vereinfachen und Vernetzung zu anderen Studierenden fördern.
Ein Wohlfühlcampus entsteht zudem durch entsprechende Räumlichkeiten. Hochschulen müssen nicht nur die eingangs erwähnten ergonomischen Sitzplätze bieten, sondern auch Rückzugsorte, stille Arbeitsplätze und Ruheoasen. Best-Practice-Beispiele wie beispielsweise Chill-out-Areas, Sessel zum Zurückziehen in Bibliotheken oder Pause- und Aufenthaltsräume sind an vielen Hochschulen zu finden. Ein grüner Campus wie in Augsburg mit Platz in der Natur kann zudem den Wohlfühlfaktor an Hochschulen fördern. Dies ist nicht nur positiv für die studentische Gesundheit, sondern fördert auch eine längere Aufenthaltsdauer an den Hochschulstandorten. Dies wiederum lässt eine verstärkte Vernetzung und einen Austausch mit Studierenden aus dem eigenen oder anderen Fächern zu. Dass ein solcher Austausch Innovationen ermöglicht, kreative Lösungsfindung bewirkt und eine Erweiterung des Horizonts schafft, ist offensichtlich. Gruppenarbeitsräume können dies ebenfalls fördern, während sie zeitgleich weniger Isolation in den Prüfungsphasen bedeuten.
Abschließend weist der BayStuRa auf einen der wichtigsten Erfolgsfaktoren für studentische Gesundheit hin: Kommunikation und Austausch. Egal ob Austauschrunden über Krankheiten, Informationen zu Krankheiten und ihren Hintergründen oder die Kommunikation von Beratungs- und Unterstützungsangeboten: Nur dadurch, dass über studentische Gesundheit in all ihren Facetten gesprochen wird, werden Erkrankungen enttabuisiert, Bewusstsein geschaffen und Lösungen entwickelt [13], [14]. Nur durch Kommunikation können Mythen aufgeklärt werden und kann Ablehnung von Hilfsangeboten – aus Angst, im späteren Berufsleben Nachteile zu erleiden – entgegengewirkt werden. Es ist daher maßgeblich, dass die Präsidien der Hochschulen sich der Problematik annehmen und sie zu einem zentralen Thema der gesamten Hochschule machen. Sie können auf diesem Weg sicherstellen, dass Lehre und Studium der studentischen Gesundheit förderlich sind und Nachwuchstalente nicht ausgebrannt oder krank die Hochschule verlassen. Starker sozialer Zusammenhalt kann an dieser Stelle auch eine intensivere Auseinandersetzung mit Lehrinhalten bewirken, was die Qualität der Ausbildung verbessert [15]. Durch entsprechendes Management wird die Hochschule ein Ort des kreativen Austauschs, an dem sich alle Statusgruppen wohlfühlen und – in letzter Konsequenz – in ihren Bereichen zukunftsträchtige Entwicklungen vorantreiben.
Literatur
[1] J. Steinkühler u. a., „Die Studierendenbefragung in Deutschland: best3“, Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung GmbH (DZHW), Dez. 2023. [Online]. Verfügbar unter: https://www.studierendenwerke.de/beitrag/die-studierendenbefragung-in-deutschland-best3-studieren-mit-einer-gesundheitlichen-beeintraechtigung
[2] Deutsches Institut für Betriebliches Gesundheitsmanagement und Gesundheitsentwicklung, „Gesunder Arbeitsplatz Büro“, Deutsches Institut für Betriebliches Gesundheitsmanagement und Gesundheitsentwicklung. Zugegriffen: 29. November 2024. [Online]. Verfügbar unter: https://www.institut-betriebliches-gesundheitsmanagement.de/ergonomischer-arbeitsplatz/
[3] Der Spiegel, „So leben, lernen, lieben Studenten in Deutschland“, Der Spiegel, 27. Juni 2017. Zugegriffen: 29. November 2024. [Online]. Verfügbar unter: https://www.spiegel.de/lebenundlernen/uni/sozialerhebung-so-geht-es-studenten-in-deutschland-a-1154524.html
[4] Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, „Projektvisionen von FAUbewegt“. Zugegriffen: 29. November 2024. [Online]. Verfügbar unter: https://www.fau-gesund.fau.de/studierende/projekt-faubewegt/
[5] Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, „Hochschulsport; Buchung von Kursen aus dem Sportprogramm“, BayernPortal. Zugegriffen: 29. November 2024. [Online]. Verfügbar unter: https://www.bayernportal.de/dokumente/leistung/571313234433
[6] Forschung & Lehre, „HRK fordert gezielte Impfangebote für Studierende“, Forschung & Lehre, 28. Mai 2021. Zugegriffen: 29. November 2024. [Online]. Verfügbar unter: https://www.forschung-und-lehre.de/politik/hrk-fordert-gezielte-impfangebote-fuer-studierende-3750
[7] Hochschule Bremen, „Gesunde Hochschule: HSB und Krankenkassen setzen Kooperation fort“, Hochschule Bremen. Zugegriffen: 29. November 2024. [Online]. Verfügbar unter: https://www.hs-bremen.de/die-hsb/aktuelles/nachricht/gesunde-hochschule-hsb-und-krankenkassen-setzen-kooperation-fort/
[8] Deutsches Studierendenwerk, „Studieren mit psychischen Erkrankungen: Aktuelle Befunde und Herausforderungen“. Zugegriffen: 29. November 2024. [Online]. Verfügbar unter: https://www.studierendenwerke.de/beitrag/studieren-mit-psychischen-erkrankungen-aktuelle-befunde-und-herausforderungen
[9] A. Braun, „Psychische Erkrankungen: Zu wenig Unterstützung für Studierende“, SWR. Zugegriffen: 29. November 2024. [Online]. Verfügbar unter: https://www.swr.de/wissen/anteil-psychischer-erkrankungen-bei-studierenden-stark-angestiegen-100.html
[10] K. Distler, „Heiter bis wolkig – Psychische Erkrankungen im Studium“, Zentrum für Recht und Digitalisierung Saarbrücken. Zugegriffen: 29. November 2024. [Online]. Verfügbar unter: https://www.zrd-saar.de/de/ZRDyoung/Beitraege/Details/Heiter-bis-wolkig-Psychische-Erkrankungen-im-Studium.html
[11] S. Weybright, „Petting therapy dogs enhances thinking skills of stressed students“, WSU Insider. Zugegriffen: 29. November 2024. [Online]. Verfügbar unter: https://news.wsu.edu/press-release/2021/05/12/petting-therapy-dogs-enhances-thinking-skills-stressed-college-students/
[12] J. Fischer und M. Timmann, „Stimmen zum Studentischen Gesundheitsmanagement an Hochschulen“, in Handbuch Studentisches Gesundheitsmanagement — Perspektiven, Impulse und Praxiseinblicke, M. Timmann, T. Paeck, J. Fischer, B. Steinke, C. Dold, M. Preuß, und M. Sprenger, Hrsg., Berlin, Heidelberg: Springer, 2022, S. 3–15. doi: 10.1007/978–3‑662–65344-9_1.
[13] BARMER, „Selbsthilfegruppen: So hilft Selbsthilfe“. Zugegriffen: 29. November 2024. [Online]. Verfügbar unter: https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/psyche/sucht/selbsthilfegruppen-faq-1058392
[14] Deutsches Ärzteblatt, „Gesellschaft über Depressionen aufklären, um Betroffenen zu helfen“, Deutsches Ärzteblatt, 29. September 2023. Zugegriffen: 29. November 2024. [Online]. Verfügbar unter: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/146226/Gesellschaft-ueber-Depressionen-aufklaeren-um-Betroffenen-zu-helfen
[15] C. Chen, F. Bian, und Y. Zhu, „The relationship between social support and academic engagement among university students: the chain mediating effects of life satisfaction and academic motivation“, BMC Public Health, Bd. 23, Nr. 1, Art. Nr. 1, Dez. 2023, doi: 10.1186/s12889-023–17301‑3.