Die bayerischen Lehramtsstudierendenvertretungen haben gemeinsam die Umfrage “Stimmungsbild Lehramt in Bayern” unter rund 3000 bayerischen Lehramtsstudierenden durchgeführt. Die Ergebnisse geben, gerade in Bezug zu den jüngsten PISA-Ergebnissen, Anlass zur Sorge und bekräftigen den dringend erforderlichen Handlungsbedarf in der bayerischen Lehramtsausbildung:
Nur jede:r fünfte bayerische Lehramtsstudierende empfindet die Praktikastruktur als sinnvoll und praxisnah für das spätere Berufsleben. Die Betreuung durch überarbeitete Praktikumslehrkräfte und teilweise fachfremde Dozierende wird von der Hälfte der Studierenden als deutlich unzureichend empfunden. Besonders unverständlich: Dem Betriebspraktikum, mit acht Wochen (320 Arbeitsstunden) als längstes Praktikum im Studium, fehlt jeglicher pädagogische und schulische Bezug. Dies ist höchst problematisch, da es umfassender ist als alle anderen schulischen Praktika zusammen, was zwangsweise die Frage aufwirft, weshalb weiterhin daran festgehalten wird. Es wird lediglich das Gefühl vermittelt, dass „Lehrämtler eben auch mal erleben sollen, wie es ist, wirklich zu arbeiten“, was zu einer maximalen Demotivation und Herabwürdigung des Studiengangs führt, wie in den qualitativen Daten der Umfrage zu lesen ist.
75% der bayerischen Lehramtsstudierenden empfinden das Staatsexamen als völlig unangemessen und nicht zeitgemäß. Die durchweg modulare Struktur eines Lehramtsstudiums, im Gegensatz zu einer zentralisierten staatlichen Abschlussprüfung, wird als unvereinbar betrachtet. Dies sorgt für derart großes Unverständnis und Missmut, dass jeder Dritte bereits im Studium erwägt, das Lehramtsstudium aufgrund des Staatsexamens in Bayern abzubrechen und in einem anderen Bundesland fortzusetzen. Eine sich abzeichnende „Lehramtsflucht“ aus Bayern muss aus Sicht der Studierenden durch Reformen vom Kultus- und Wissenschaftsministeriums dringend vermieden werden!
Drei von vier bayerischen Lehramtsstudierenden haben bereits im Studium große Angst vor dem Referendariat, während gerade einmal etwas mehr als 5% angeben, sich darauf zu freuen. Die unverständliche, familienunfreundliche und nicht mehr zeitgemäße Versetzungspolitik des Kultusministeriumsführt dazu, dass über die Hälfte der Studierenden über einen Berufswechsel oder über den Wechsel des Bundeslandes nachdenkt.
Die bayerischen Lehramtsstudierenden und der Bayerische Landesstudierendenrat fordern dringend eine Überarbeitung der Lehrkräfteausbildung. „Wie sollen die jetzigen und zukünftigen Lehrkräfte bei den aktuellen katastrophalen PISA-Ergebnissen zur Rechenschaft gezogen werden, wenn es
offensichtlich bereits an der als „exzellent“ bezeichneten Ausbildung scheitert?“, kritisiert Torsten Utz, Sprecher des Bayerischen Landesstudierendenrats.
Die Struktur der wichtigen Praktika muss überdacht und verbessert werden. Von Studierenden als nicht gewinnbringend empfundene Strukturen wie das Betriebspraktikum müssen Platz für Neues und Innovatives schaffen. „Es ist desaströs, dass trotz des seit Jahren vorherrschendem eklatanten Lehrkräftemangels an Staatsexamen und der derzeitigen Versetzungspolitik festgehalten wird!“, moniert Elias Stubenvoll, Vertreter der bayerischen Expertenkommission zur Weiterentwicklung der Lehrerbildung.
Es muss darüber nachgedacht werden, inwieweit die hier in Bayern ausgebildeten Lehrkräfte gehalten und die sich abzeichnende „Lehramtsflucht“ aus Bayern verhindert werden kann. Sowohl das Studium als auch die Arbeitsbedingungen danach müssen dringend attraktiv gestaltet werden, wenn sich auch in den folgenden Jahren junge Menschen noch für ein Lehramtsstudium entscheiden sollen.
Die gesamten Umfrageergebnisse können hier beim Bayerischen Landesstudierendenrat eingesehen werden: https://baystura.de/wp-content/uploads/2023/12/Quantitative-Erstauswertung-Stimmungsbild-Lehramt-Bayern.pdf
Kontakt für
Rückfragen:
Elias Stubenvoll – Studentischer Vertreter der Expertenkommission zur
Weiterentwicklung der Lehrerbildung
Tel.: +49 (0) 9195 6982324
E‑Mail: elias-matthias.stubenvoll@stud.uni-bamberg.de
Bayerischer
Landesstudierendenrat
Tel.: +49 (0) 156/78497658
E‑Mail: sekretariat@baystura.de